Antrag der Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN: Auftragsvergabe und Beschaffung in Delmenhorst– umweltgerecht, sozial und wirtschaftlich

Die Verwaltung wird beauftragt, für die Auftragsvergabe und Beschaffung seitens der Stadt Delmenhorst und der kommunalen Eigen- und Regiebetriebe verbindliche Nachhaltigkeits-
standards festzulegen. Zudem sollen die Mitglieder der Gesellschafterversammlungen der städtischen Gesell- schaften angewiesen werden, die Geschäftsführungen der jeweiligen Gesellschaften anzuweisen, ebenfalls verbindliche Nachhaltigkeitsstandards festzulegen.

Diese Standards sollen u.a. beinhalten:

  • Produkte aus Kinderarbeit sind auszuschließen. Zudem soll bei der Beschaffung nicht-heimischer Produkte ein besonderes Augenmerk auf die Einhaltung aller Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation der Vereinten Nationen (ILO), wie Beseitigung der Zwangsarbeit, Vereinigungsrecht und Recht zu Kollektivverhandlungen sowie Normen der Arbeitssicherheit gerichtet werden.
  • Waren, die generell oder jahreszeitlich bedingt nur als Importware aus Ländern des globalen Südens zur Verfügung stehen, sollen aus fairem Handel beschafft werden (siehe TransFair-Zeichen), sofern ein entsprechendes Angebot verfügbar ist.
  • Energieverbrauchsrelevante Waren, Geräte, Maschinen und Fahrzeuge sollen derhöchsten Energieeffizienzklasse im Sinne der Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung entsprechen.
  • In Gemeinschaftsverpflegungseinrichtungen (Schulmensen, Kitas, Kantinen, kommunales Krankenhaus, kommunale Pflegeeinrichtung etc.) soll der Anteil der ökologisch erzeugten Nahrungsmittel mindestens 30% betragen. Zudem soll möglichst auf regionale und saisonale Produkte zurückgegriffen werden.
  • Von der Kommune eingesetzte Pflanzsubstrate und Erden sollen torffrei sein.
  • Von der Kommune eingekaufte oder in kommunalen Einrichtungen eingesetzte Produkte sollen mit dem Blauen Engel oder einem vergleichbaren Siegel gekennzeichnet sein. Papier und Papierwaren sollen aus Recyclingmaterial bestehen.
  • Unternehmen, die wegen eines rechtskräftig festgestellten Verstoßes gegen das Lieferkettensorgfaltsgesetz zu einem Bußgeld verurteilt worden sind, sollen für mindestens 3 Jahre von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen werden.

Begründung:

Die Beschaffung und Auftragsvergabe durch Bund, Länder und Kommunen hat in Deutschland ein Gesamtvolumen von jährlich rund 450 Milliarden Euro und macht damit etwa 13% des Bruttoinlandsprodukts aus. Der kommunale Anteil daran liegt bei knapp 60%. Daher kommt den Kommunen auch bei der Auftragsvergabe und Beschaffung eine hohe Verantwortung für die nachhaltige Entwicklung zu.

„Eine nachhaltige Beschaffung bezeichnet die Berücksichtigung von umweltbezogenen und sozialen, aber auch von qualitativen und innovativen Aspekten unter Beachtung der Haushaltsgrundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit bei der Beschaffung von Liefer-, Bau- oder Dienstleistungen. Die Bedarfe sind so zu decken, dass die dafür benötigten Ressourcen nicht auf Kosten kommender Generationen verbraucht und in der Folge die Möglichkeiten zukünftiger Generationen nicht eingeschränkt werden“. So beschreibt eine Handreichung des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Bauen und Digitalisierung vom 24.11.22 die Ziele der öffentlichen Beschaffung.

Ein entsprechender Rechtsrahmen, der den unbestimmten Rechtsbegriff der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung nach § 110 NKomVG im Sinne der Verfolgung von Nachhaltigkeitszielen eingrenzt, ist u.a. das Niedersächsische Tariftreue- und Vergabegesetz, das Niedersächsische Klimaschutzgesetz oder das Niedersächsische Abfallgesetz. Diese genannten Rechtsnormen weiten den Wirtschaftlichkeitsbegriff eindeutig auf soziale und umweltbezogene Kriterien aus. Auch der nationale Rechtsrahmen definiert die Berücksichtigung umweltbezogener Kriterien als Grundsatz der öffentlichen Vergabe (Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, Vergabeverordnung, Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen, etc.).

Um diesen Anforderungen und der besonderen Bedeutung der öffentlichen Beschaffung für die nachhaltige Entwicklung im Sinne der Agenda 20230 der Vereinten Nationen gerecht zu werden, ist es erforderlich, seitens der Kommune verbindliche Vorgaben für alle Dienststellen der kommunalen Verwaltung und für die kommunalen Eigenbetriebe zu definieren. Mit den oben genannten Standards formuliert der Rat Leitplanken, die jedoch seitens der Verwaltung - etwa im Rahmen einer Innenverfügung - konkretisiert werden sollten.

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